Die Geschichte des Sinuhe
 


Foto: Jennrich; Ägyptisches Museum Berlin

Zu den wohl bekanntesten  literarischen Werken gehört die altägyptische Geschichte des Sinuhe.
Sie wurde im Mittleren Reich verfaßt.
In diesem Werk berichtet Sinuhe wie er den Kronprinzen und Mitregenten des Sesostris I. auf einem Feldzug nach Libyen begleitet.

Als er mit dem Kronprinzen und Mitregenten des Sesostris unterwegs war, hörte er von plötzlichem, unerwarteten Tod des Königs Amenemhets I. (."...im 30. Regierungsjahr, 3. Monat der Überschwemmung, 7. Tag...").

Beamte des Palastes sandten Boten nach Westen zu seinem Sohn Sesostris, um ihn von der Lage zu unterrichten.
Sinuhe bekommt einen Schreck und ist verwirrt. Er versteckte sich zwischen Büschen und hört unbeabsichtigt ein Gespräch zwischen den Palastboten und Sesostris mit an. Durch den Inhalt des Gespräches gerät Sinuhe in Panik und flieht.
Er befürchtet eine Palastrevolte und daß man ihn durch sein Wissen
mit zu den Verschwörern zählen könnte. 
Sinuhe vermutet
, er könnte deshalb hingerichtet werden.
In seiner Niederschrift erzählt er von seiner Flucht durch das Delta nach Osten, Richtung Sinai, wo er erschöpft zusammen bricht. Nachdem er von Beduinen gefunden und aufgenommen wird, flieht er weiter, bis er einen Beduinenscheich trifft, "der früher in Ägypten war".
Dieser gibt Sinuhe seine Tochter zur Frau sowie Land und Vieh. Viele Jahre lebt Sinuhe in diesem Land mit Frau und Kindern. Bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Hyksos beriet er die Asiaten in ihren Vorgehen und diente viele Jahre als Befehlshaber in ihrer Armee.
 

Die Zeit verstreicht, seine Kinder werden erwachsen und Sinuhe plagt die Sehnsucht nach seiner Heimat Ägypten.
Eines Tages erhält er einen Brief vom ägyptischen König. In diesem Schreiben erfährt er, daß seine Unschuld anerkannt ist und er gebeten wird zurück zu kommen.
Sinuhe möge das Ende seiner Tage dort verbringen, denn nur im Heimatland Ägypten sei eine rituell korrekte Bestattung möglich.
Darüber ist Sinuhe sehr glücklich und beschließt seine Reise ins Heimatland anzutreten. Seinem ältesten Sohn übergibt er seinen Besitz und tritt die Reise an, von Beduinen bis an die Grenze begleitet. 
Sinuhe fleht: "Oh Gott, wer du auch seist, der diese Flucht über mich verhängt hat, sei gnädig und setze mich wieder in die Residenz.
Vielleicht wirst du mich den Ort wiedersehen lassen, in dem mein Herz weilt.
Was gäbe es Größeres, als wenn meine Leiche bestattet würde in dem Land, in dem ich geboren bin?"
Bei seiner Ankunft wird er in Anwesenheit des Königs von der Königin herzlich mit folgenden Worten empfangen:
"Siehe, da ist Sinuhe. Er ist gekommen als Asiat, zu dem ihn die Beduinen gemacht haben."
Den Rest seiner Lebenszeit verbringt Sinuhe am Hofe des König. Er erhält Haus und Garten sowie ein schönes Grab mit reichhaltiger Ausstattung, womit ihm eine rituelle Bestattung sicher war..
Sinuhe schreibt: "Ich war in der Gnade des Königs, bis der Tag des Todes kam."
 
Diese Erzählung berichtet nicht nur von der Heimkehr des Sinuhe in sein geliebtes Ägypten, sondern sie gibt auch einen Einblick in eine Zivilisation außerhalb Ägyptens.
So ist zu lesen: "Ich wurde geschoren und mein Haar gekämmt. Eine Ladung (von Schmutz) wurde der Wüste überlassen und die groben Kleider in feinstes Linnen gekleidet und mit bestem Öl des Landes gesalbt."
 
Auffallend an dieser Erzählung sind Parallelen zur späteren Moses Geschichte. 
So zum Beispiel die Flucht aus Ägypten in den nordarabischen Raum nach einer Ermordung eines Ägypters, der Aufenthalt beim Priester Midan, der ihm ebenso seine Tochter zur Frau gab und anschließend die Rückkehr nach Ägypten.
Am Schluß der Geschichte ist folgender Vermerk des Schreibers zu lesen:

"Es ist zu Ende gekommen, von seinem Anfang bis zu seinem Ende, wie ich es geschrieben vorgefunden wurde."
(1) Zitat: Hornung, E.; Gesänge vom Nil. 1990, S. 110.
Quellen:
Schuler, Wolfgang; Taschenlexikon altes Ägypten. München 2000
Hieroglyphenvorlage: Kurt Sethe "Ägyptische Lesestücke zum Gebrauch für den akademischen Unterricht",
3. Auflage, 1959.