Bautätigkeiten unter Sesostris I.

Fotos: Andreas Bordt

Mit Beginn seiner Alleinherrschaft ließ sich Sesostris I. seinen eigenen Pyramidenkomplex errichten.
Dieser liegt etwa 2 km südlich der Pyramidenanlage seines Vaters bei Lischt.
Die Pyramide trug den Namen "Sesostris-petri-taui", was soviel heißt wie "Sesostris blickt auf die Beiden Länder".
Der nach dem Vorbild des Alten Reichs angelegte Pyramidenbezirk besaß einen gedeckten und dekorierten Aufweg, ein Vestibül sowie einen Verehrungs- und Totenopfertempel und eine Kultpyramide.
Überlebensgroße Sitzstauen des Königs aus bemalten Kalkstein umstanden den offenen Innenhof des Totentempels.
Auch diese Statuen waren im Stil des Alten Reiches hergestellt.
Heute befinden sich 10 Statuen davon im Ägyptischen Museum Kairo.
Wie bei seinem Vater Amenemhet I. bestand die Pyramide aus einem mit Sand und Geröll gefülltem Gerüst von Mauern und Kammern, das mit Turakalkstein verkleidet war.
Ein über Jahrhunderte währender Steinraub setzte diesem Bauwerk stark zu. Dadurch erfolgte eine nahezu gänzliche Freilegung des Mauerkerns. Es wurden bei archäologischen Untersuchungen an mehreren dieser Kernblöcke Kontrollmarken der antiken Handwerker gefunden.
Daraus konnte als frühestes Datum der Bautätigkeit auf das 10., als spätestes Datum auf das 24. Regierungsjahr des Pharaos geschlossen werden.  So wird eine ungefähr 14 bis 15 Jahre dauernde Bautätigkeit angenommen.
Die Grabkammer im Inneren der Pyramide ist nie freigelegt worden und heute vom Grundwasser überflutet.

Neun Pyramidengräber von Königinnen und Prinzessinnen, unter anderem das Grab der Nofru, befinden sich um die Pyramide.
Unter Sesostris I. beginnt erstmals eine staatlich gesteuerte Bautätigkeit, in allen großen Kultorten werden Steintempel errichtet. Diese sind in den Fundamenten späterer Bauten meist nur teilweise  erhalten.
Die "Chapelle blanche" (auch weiße Kapelle genannt) in Karnak bildet eine Ausnahme.
Die Blöcke der Kapelle wurden als Füllmaterial des 3. Pylons im Kaanaktempel benutzt. Während Ausgrabungs- und Restaurierungsarbeiten fand man diese in den Fundamenten des 3. Pylons. Die "Chapelle blanche" konnte so vollständig rekonstruiert und im sogenannten "Open Air Museum" wieder aufgebaut werden.
Es ist der älteste bekannte Peripteraltempel (Umgangstempel).
Sie hat die Form eines kleinen Pfeilerkiosks und spiegelt eine Neuerung des Mittleren Reiches wieder.
Seit dieser Zeit wurde diese Art des Baus Teil des Tempelvorplatzes.
Die Kapelle mit den Grundmaßen von 6,54 m x 6,54 m wurde zum Sedfest(1) Sesostris I. errichtet und war dem Amun geweiht.
Vor einer im Kiosk aufgestellten Statue des Amun wurde der König geführt und somit die schon vorher von Horus und Thot durchgeführte Krönung durch ein erneutes Aufsetzen der Krone und durch Handauflegen durch Amun bestätigt.
Thot verkündet gleichzeitig das Ereignis nach allen vier Himmelsrichtungen.
Inschriften und Darstellungen des Oberbaues berichten von dieser Neukrönung des Königs.
Treppen führen auf der Ost- und Westseite in die Kapelle (den Kiosk).
Rechts und links dieser Treppen sind kniende, gabenbringende Personifikationen des Nils, des Meeres von Ober- und Unterägypten von Festungen und Kapellen dargestellt, die nach den Beischriften "alle guten Dinge Ägyptens und alle Fremdländer"  Amun zu Füßen legen.


Ausschnitt von der Gauliste.

Die Inschriften bestehen aus verschiedenen Komponenten:
So aus Weiheinschriften auf den Sockelzonen und zusätzlich aus Gaulisten für Ober- bzw. Unterägypten auf der Nord- und Südseite der Sockelzonen, auf der die Gaue der jeweiligen Landeshälfte aufgeführt werden.
Die Gauliste ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie die Topographie Ägyptens und seiner Kulte dokumentiert.

In der ersten Zeile erscheinen die Namen der Gaue, in der zweiten Zeile wird der Kultort des Gaues indem die "Standardelle" aufbewahrt wird gezeigt und in der dritten Zeile wird die Länge des Gaues genannt. Die Überschrift lautet: "Ort, wo der Meßstrick liegt". 
In den unteren drei Zeilen (auf dem Foto nicht zu sehen) wird scheinbar eine Umrechnung der jeweiligen Gau-Standardelle in eine Landes-Standardelle vorgenommen.

Die zahlreichen Inschriften der 60 Bildfelder, die auf den 4x4 Pfeilern, ebenso im Aus- und Eingangsbereich und den Sockelzonen zu sehen sind erwähnen Kultszenen von einem Regierungsjubiläum Sesostris I..
In das Kapelleninnere führt im Norden und Osten eine 8 stufige Rampe, die nicht zur ursprünglichen Ausstattung gehörte und jetzt auf einem Sockel steht.

In der Regierungszeit unter Sesostris fanden umfangreiche Bautätigkeiten satt. Er läßt den Göttern im ganzen Land Tempel errichten. In Karnak legte den Grundstein für den großen Amun-Tempel. Das Zentrum des Amun-Heiligtums  erstreckt sich in Karnak vom 4. Pylon nach Osten bis zum Festzelt des Thutmosis III.
Übrig geblieben ist von den ältesten Bauwerken aus dem Mittleren Reich in Karnak nicht mehr allzuviel.

Auf der Mittelachse des heute genannten "Hof des Mittleren Reiches" sind  einige große Türschwellen aus Rosengranit und etwas weiter hinten, nach Osten, ein großer Block aus Kalzit-Alabaster zu sehen mit Treppenstufen, die zu ihm empor führen. Auf seiner Oberseite sind Vertiefungen erkennbar, in denen ein aus Holz errichteter, mit Gold verkleideter Schrein aufgebaut war.
In ihm ruhte im Mittleren Reich das Götterbild des Amu-Re. Auf der Vorderseite sind Inschriftreste erhalten, aus denen sich die Datierung dieses Blockes ergibt. Es ist der Name des Königs  zu erkennen.
Eine ältere Tempelanlage des Amun aus den Anfängen des Mittleren Reiches überbaute Sesostris I., wie der Fund einer großen steinernen Plattform im Boden zeigt (siehe oben rechts auf dem Bild).
Sesostris I. läßt zahlreiche weitere Bauten in Ägypten, Nubien und Vorderasien errichten.

So ist auf Elefantine ein Tempel nachzuweisen, der der Göttin Satet geweiht ist. Dieser Tempel wurde an der gleichen Stelle errichtet wie der niedergelegte Tempel von Mentuhotep II..
Heute ist dieser Tempel mit den noch erhaltenen Blöcken rekonstruiert zu sehen. Sesostris I. errichtete seinen Tempel jedoch nun unter Zusammenfassung von Tempelhaus und Vorhof und durchweg gedeckten Bauwerk. Dieser Tempel wurde aus Kalkstein errichtet. Im Inneren wird der König bei Kulthandlungen, vor allem Laufszenen, wahrscheinlich vor Satet oder auch Anuket gezeigt. Die wenigen erhaltenen Inschriften lassen keine genaue Bestimmung zu.
Eine lange Inschrift links vom Eingang berichtet, wie ihm, offenbar im Traum, Satet erschienen ist und ihn aufgefordert hat, ihr verfallenes Heiligtum wieder herzustellen.

Gleichzeitig mit dem Bau des Satettempels hat Sesostris I. die Einrichtungen zur Feier der Nilflut neu gestaltet. Dafür verkleinerte er den Ort für die priesterlichen Handlungen im Tempelbezirk und schuf für die Festteilnahme größerer Menschenmengen einen besonderen Festhof.

Neben den genannten Bautätigkeiten sind in mehr als 35 Orten Reste von Architekturwerken, Weihinschriften Opfertafeln, Stelen und Statuen zu finden. So zum Beispiel, um nur einige zu nennen, in Edfu, Elkab, Esna, Tôd, Armant, Koptos, Dendera, Abydos, Begig,  Memphis, Heliopolis, Bubastis und Tanis.

In Heliopolis errichtete er im Tempel des Re den ersten großen Obelisken, der aus einem einzigen Steinblock gehauen ist.
Ein in Kairo in der Al Azhar Moschee verbauter Block nennt zahlreiche Bautätigkeiten des Sesostris I. .

 

Oberteil einer Kniefigur Sesostris I.

Ägyptisches Museum Kairo

 

(1) Das Sedfest ist ein Jubiläumsfest des Königs, daß gewöhnlich 30 Jahre nach Thronbesteigung oder Einsetzung der Mitregentschaft gefeiert wurde. Danach wurde es alle drei Jahre wiederholt.
Es ist von der frühesten Zeit an bis in die griechisch-römische Epoche auf zahlreichen Darstellungen belegt. Überwiegend ist es auf Tempelwänden und durch textliche Erwähnungen bezeugt.

D
ie physischen und magischen Kräfte des Königs wurden durch vielfältige, sich über mehrere Tage erstreckende Ritualhandlungen erneuert, um eine Fortdauer seiner Regierungszeit zu ermöglichen.
Durch das Feiern von Sedfesten wurde
die Herrschaft des Königs in die Ewigkeit fortgeschrieben und so auch auf das Jenseits übertragen.


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