Die Lehre des Amen-em-hat für seinen Sohn Sesostris

 

(1) Beginn der Lehre, die die Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten Sehetep-ib-Ra, der Sohn der Sonne Amen-em-hat, der Gerechtfertigte, verfasste,
indem er im Lichte der Maat zu seinem Sohn, dem Allherrn, spricht.

(2) Er sagt: „Erscheine als Gott! Höre auf das, was ich dir sage, dann wirst du, wenn du König des Landes
bist und über die Ufer herrschst, das Gute vermehren.

(3) Nimm dich in Acht vor Untergebenen, die es zu nichts gebracht haben und auf deren Absichten man nicht achtet. Nähere dich ihnen nicht in deiner Einmaligkeit.
Vertraue keinem Bruder, kenne keinen Freund, schaffe dir keine Vertrauten, das führt zu nichts.

(4) Wenn du schläfst, behüte selbst dein Herz, denn niemand hat Anhänger am Tage des Unheils.

(5) Ich habe dem Armen gegeben und die Waise aufgezogen, ich ließ den Niemand ebenso vorankommen wie den Bedeutenden.

(6) Aber gerade der, der meine Speise aß, hob Truppen aus, und der, dem ich geholfen habe, nutzte das zum Terror aus.
Die mein feines Leinen trugen, sahen durch mich hindurch, und die sich mit meinen kostbaren Myrrhen salbten, gossen Wasser [unter mich ???].

(7) Ihr, meine lebenden Abbilder, meine Erben unter den Menschen, bereitet mir ein Andenken, wie es noch niemand gehört hat, und einen großen Kampf, wie man ihn noch nie gesehen hat!
Denn die Menschen kämpfen auf dem Kampfplatz,
und die Vergangenheit ist vergessen, aber Erfolg kann sich für den nicht einstellen, der nicht weiß, was er wissen sollte:

(8) Es war nach dem Abendessen, die Nacht war gekommen.
Ich hatte mir eine Stunde der Herzensfreude gegönnt
und lag auf meinem Bett. Ich war müde, und mein Herz begann, meinem Schlummer zu folgen.
Da wurden die Waffen, die mich beschützen sollten, gegen mich gewendet, während ich mich wie eine Schlange in der Wüste verhielt [reglos da lag].
lch erwachte durch den Kampf, war sofort hellwach
und erkannte, dass es ein Handgemenge der Wache war.
Hätte ich schnell die Waffen ergriffen, hätte ich die Feiglinge zurückgetrieben — doch es gibt keinen,
der in der Nacht stark ist, niemanden, der allein kämpfen kann, keine Tat ist erfolgreich ohne Helfer.

(9) Sieh, der Mord geschah, als ich ohne dich war,
bevor der Hof gehört hatte, dass ich dir die Herrschaft übergeben wollte, bevor ich mit dir auf dem Thron gesessen hatte;
hätte ich doch die Sache vorher geregelt!
Aber ich war auf so etwas nicht vorbereitet, hatte es nicht bedacht, mein Geist hatte die Unzuverlässigkeit der Diener nicht vorausgesehen.
 

(10) Hat denn je zuvor eine Frauengruppe eine Truppe angeworben?
Hat man je Aufrührer im Innern des Palastes aufgezogen?
Hat man je Wasser so losgelassen, dass es die Felder zerwühlt?
Hat man je kleine Leute um ihre Leistung betrogen?

(11) Kein Unheil ist über mich gekommen seit meiner Geburt, keinem Tapferen ist je etwas wie mein Geschick widerfahren.
Ich zog nach Elephantine und zurück bis zum Delta, so dass ich an den Grenzen des Landes gestanden und sein Inneres betrachtet habe.
Ich habe die Grenzen [...] durch meine Stärke und meine Wunderkraft.
Ich war einer, der Getreide schuf, geliebt von Nepri. Hapi ehrte mich auf jedem Feld.

Man hungerte nicht in meinen Regierungsjahren und man durstete nicht.
Man blieb friedlich aufgrund dessen, was ich getan hatte, und man sprach von mir.
Alles, was ich befohlen habe, war richtig.

Ich habe Löwen gebändigt und Krokodile gefangen, ich hab die Leute von Wawat bezwungen und die Medjaj erbeutet.
Ich habe die Asiaten den Hundegang tun lassen.
Ich habe mir ein Haus gebaut, verziert mit Gold, seine Decke aus Lapislazuli, die Wände aus Silber, der Boden aus Akazienholz, die Tore aus Kupfer, die Riegel aus Bronze, geschaffen für die Ewigkeit, bereitet für ewige Dauer.

Ich weiß es, denn ich bin sein Besitzer.

(12) Es ist doch so:
Viel verleumderisches Gerede ist auf der Straße, der Weise stimmt [mir] zu, doch der Dumme sagt ,nein', [...].
Und weil er es nicht versteht, ist es in seinen Augen nichts wert.

(13) Sesostris, mein Sohn, meine Füße gehen fort, doch du bist in meinem Herzen. Meine Augen sehen dich, Kind einer glücklichen Stunde, zur Seite des Sonnenvolkes, und sie preisen dich.

Siehe, ich habe den Anfang gemacht und knüpfe dir jetzt die Zukunft, denn ich bin jemand, der glücklich zu Ende bringt, was in seinem Herzen ist.
Du trägst die Weiße Krone eines Gottessohnes, das Siegel ist an seinem Platz.

Jubel ist in der Barke des Ra, denn du steigst empor zum Königtum, wie es in der Urzeit war.

(14) Errichte Denkmäler und statte dein Grabmahl wohl aus, setze dich ein für die Weisheit [...]

Textquelle: Helk, W.; Der Text der "Lehre des Amenhets I. für seinen Sohn" Wiesbaden 1969. (entnommen aus der Kemet-Zeitschrift Juli 2000, Jahrgang 9, Heft 3)